Vom Erdboden verschlungen

Immer wieder erreichen die aufmerksame Zeitungsleserin Nachrichten über Erdlöcher und Erdrutsche weltweit. Naturkatastrophen dieser Art begründen sich in geologischen Ursachen und im menschlichen Versagen, oder dem was als dieses ausgemacht zu werden vermag. In jedem Fall aber sind sie vom Menschen gemacht.
In den meisten Fällen handelt es sich um ehemalige Bergbauregionen und Gebiete mit Bodenschätzen, die lange Zeit ausgebeutet wurden und immer noch werden. Dennoch werden die Eingriffe der Menschen und ihre Zugriffe auf ökonomisch verwertbare Bodenschätze in den Berichterstattungen kaum besprochen. Der Wissenschaftler Paul Crutzen brach in den 90er Jahren des 20ten Jh. als Erster die Debatte darüber vom Zaun, ob wir nicht bereits in einem Neuen, einem Ersten von Menschen selbst erschaffenen Edrzeitalter lebten. Heute wird der von Crutzen geprägte Begriff des "Anthropozän" vor dem Hintergrund einer allgemein gültigen Wissenschaftlichen Tatsache diskutiert. So lässt sich nachweisen, dass jene Gesteinsschichten , die für die Bezeichnung eines neuen oder auch eigenen Erd- bzw. Gesteinszeitalters ausschlaggebend sind, einen nur von Menschhand hergestellten Anteil an CO2 aufweisen. Grund genug darzulegen, dass die Menschen heute bereits in einem vom eigenen CO2-Verbrauch erschaffenen Erdzeitalter leben. Markant aber auch, dass es das CO2 ist welches dieses Erdzeitalter ausmacht, auch weil "unser" Erdzeitalter nach Crutzen mit dem Beginn der Industriellen Revolution seinen Anfang findet...
Pinkant also für jene die dem Kapitalismus kein eigenes Erdzeitalter zugeschrieben sehen wollen und brisant für alle, die sich mit der Frage nach dem Postindustriellen Erbe auseinander setzen.
Grund genug jedenfalls, um es an dieser Stelle für die postindustriellen Ruinen und Bergbaurestlöcher ins Gespräch zu bringen. Auch die in sich einstürzenden Erdmassen zeugten demnach vom Anthropozän. Die Berg rutscht...


Nicht zuletzt sind Erdrutsche der Grund für das Verschwinden ganzer Dörfer. Die Verbindung also, dass beispielsweise Orte die Jahrzehnte lang bspw. vom Bergbau profitierten nun in dessen Erbe versinken spricht sinnbildlich für die Ressourcenausbeutung der Natur, die nicht ungesühnt bleibt. Es gilt zu fragen, wie sehr Menschen die vom ökonomischen Aufschwung der unterirdischen Ausbeute profitierten, nun mit dem Verlust ihrer lokalen Identität konfrontiert sind und sich als Schuldige sehen. Was passiert also wenn Orte vom Erdboden verschlungen werden?


      
Quelle

NEWS:
"Bergschäden in Bytom - 600 Menschen müssen ihre Häuser räumen
Nach dem Einsturz mehrerer Häuser geht im oberschlesischen Bytom (Beuthen) die Angst um.

Warschau/Bytom. Die Stadtverwaltung will in den kommenden Wochen 600 Menschen aus dem von Bergbauschäden gefährdeten Stadtteil Karb evakuieren, berichtete die "Gazeta Wyborcza" am Freitag in ihrer Regionalausgabe aus Katowice (Kattowitz). "In einigen Gebäuden ist die Situation dramatisch, die Risse werden von Tag zu Tag größer", warnte Elzbieta Kwiecinska, die Chefin der Bauaufsichtsbehörde in der polnischen Bergbaustadt.

Die Evakuierung soll bis zum Herbst abgeschlossen werden, da die Bergschäden auch Heizungsrohre und Wasserleitungen beschädigt haben. Doch Stadtpräsident Piotr Koj will nicht ausschließen, dass die Bevölkerung des Stadtteils bei weiteren Hauseinstürzen kurzerhand in Schulen einquartiert werden. Die fast 60 Jahre alte Steinkohlenzeche Bobrek-Centrum, in der derzeit 3400 Bergleute arbeiten, übernimmt die Kosten für die Unterbringung der evakuierten Familien und die Renovierung der Bergbausiedlung.

In der Vergangenheit waren abgebaute Stollen nach Angaben eines Bergwerksprechers aus Kostengründen nicht aufgefüllt worden. Die Folgen sind einem Bericht des "Dziennik Zachodni" zufolge in der ganzen Stadt zu spüren: Die Innenstadt habe sich deshalb von 1949 bis 2002 um fast sieben Meter gesenkt, berichtete die Zeitung. Inzwischen sind dem Bericht zufolge mehr als 30 Prozent aller städtischen Gebäude geschädigt. (dpa)"
Quelle: http://www.fnp.de/hk/nachrichten/vermischtes/bergsch-den-in-bytom-600-menschen-muessen-ihre-h-user-r-umen_rmn01.c.9107090.de.html